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Interview: Darum ist Gaby Wenisch nicht mehr Berufstrainerin

Donnerstag, 18. Januar 2007 22:32

Die Avencher Trainerin hat ihren Job wie angekündigt an den Nagel gehängt. Wir haben mit Gaby Wenisch und ihrem langjährigen Lebensgefährten Andi Wyss gesprochen.

Wir hatten schon im Juni darüber berichtet, dass die Avencher Trainerin Gaby Wenisch aufhört. Jetzt ist es soweit. Das letzte Pferd von einem fremden Besitzer hat den Stall verlassen – Poland Springs (Stall Black & White) steht jetzt in Frankreich bei Marcel Rolland in Lamorlaye und wird für Hindernisrennen vorbereitet.

Damit geht eine Ära zu Ende, die von einigen schönen Erfolgen gekrönt war. So hat Gaby Wenisch unter anderem mit Sabelio 2004 das Critérium und 2005 den Frühjahrspreis auf der Flachen gewonnen. Ueber Hindernisse zählt der Sieg im Grossen Preis der Schweiz (mit dem selbst eingesprungenen Trample All) und der Listed Race-Treffer in Turin mit dem ebenfalls selbst ausgebildeten Linal zu den grössten erfolgen.
Total erzielte die 37-jährige Gaby Wenisch 57 Siege als Trainerin.

Sabelio
Gaby Wenisch mit Sabelio (Eric Wehrel) bei der Frühjahrspreis-Siegererung


Wir haben Gaby Wenisch ein paar Fragen gestellt. Die Antworten möchten wir Ihnen nicht vorenthalten:

horseracing.ch: Was sind denn nun die Gründe dafür, dass Sie Ihren Trainerberuf an den Nagel hängen?

Gaby Wenisch: „Es ging um die Existenz. In der Region rund um Avenches ist es leider fast unmöglich, neue Besitzer zu finden – und von Zürich, wo die meisten Besitzer wohnen, ist es zu weit weg. Zudem hatte ich Probleme, genügend gutes Personal zu finden. Die Folge war, dass ich selbst ständig am Limit war. Da leidet die eigene Gesundheit und das Privatleben.“

horseracing.ch: Stand in diesem Zusammenhang ein Umzug in die Deutschschweiz nie zur Debatte?

Gaby Wenisch: „Nein. In Avenches gibt es die besten Bedingungen der Schweiz. Zudem gibt es keine Reibereien zwischen den Trainern. Mir gefällt es eigentlich in Avenches.“

horseracing.ch: Wenn Sie jetzt nochmal von vorne beginnen könnten, würden Sie alles nochmal gleich machen?

Gaby Wenisch
: „Klar würde man das eine oder andere anders machen- oder anders angehen, aber grundsätzlich würde ich es gleich machen.“

horseracing.ch: Wissen Sie schon, ob Sie sich künftig in anderer Form im Rennsport engagieren werden? Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus?

Gaby Wenisch:
„Ich liebe den Trainerberuf und lebe für ihn – und kann mir eigentlich auch nichts anderes mehr vorstellen. Aber wegen all den vielen Dingen, die nicht mehr gestimmt haben, und weil ich ständig unter Zeitdruck war, denke ich, ist es besser eine Auszeit zu nehmen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ich irgendwann später wieder Mal trainieren werde. Doch vorerst werde ich wieder einen Job im kaufmännischen Bereich suchen und ausüben.“

horseracing.ch: Wir wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft – und hoffen, Sie früher oder später wieder an einer Siegerehrung zu sehen…!

Gaby Wenisch: „Danke vielmal!“



Compay
Gaby Wenisch mit Compay (Christophe Monjon) in Maienfeld


Derzeit trainiert Gaby Wenisch noch zwei eigene Pferde (Hrymr und Florid River). Hrymr, Steeple-Sieger in Avenches steht zum Verkauf, da Gaby Wenisch nicht zwei Pferde betreuen kann, wenn sie wieder 100% im Büro arbeitet. Florid River, der Ihr Führpferd für die jungen Pferde war, wird ihr Reitpferd.

Auch für Gaby Wenischs langjährigen (ehemaligen) Lebensgefährten Andi Wyss ist der Schritt nachvollziehbar.
Er hat uns seine Sicht der Dinge sehr ausführlich geschildert:

„Es ist sehr schade, aber ich begreife Gaby. Der Rennsport bietet für mittelgrosse Trainer kaum Perspektiven. Die Verdienstmöglichkeiten sind gering, die Rennpreise im Vergleich zu Frankreich halt einfach klein. Hinzu kommt, dass in Avenches wirtschaftliches Arbeiten fast unmöglich ist. Es müssen immer 8er-Boxen gemietet werden, Lagerraum gibt es nicht – so wird das Futter sehr teuer, wenn man es nicht en gros einkaufen kann.

Finanziell lohnt es sich in der Schweiz kaum, ausser man hat eine Privatanlage wie zum Beispiel Miro Weiss oder Hansjörg Speck. Da kann man ganz anders rechnen. Und neue Besitzer zwischen Bern und Genf findet man auch nicht, da zu wenig Werbung für die Rennbahn in Avenches gemacht wird. Ein Beispiel dazu: Ich gehe ab und zu in ein PMU nach Avenches oder Payerne. Unglaublich, wie viele Leute es in der französischen Schweiz gibt, die auf PMU-Rennen in Frankreich spielen. Von diesen Leuten weiss aber fast keiner, wann in Avenches Rennen sind, geschweige denn in der Deutschschweiz.

Noch ein Beispiel: Carmen Bocskai und Gaby Wenisch waren 2004 die beiden erfolgreichen Damen in der Schweizer Turfszene. Frau Bocskai erhielt dank ihres Erfolges 2004 über 20 neue Pferde, Gaby nur ein Pferd.
Und wieso haben René Stadelmann, Françoise Pellegrino-Gimmi und jetzt Gaby Wenisch
aufgehört in Avenches zu trainieren? Irgendetwas kann da doch nicht stimmen!

Ich hätte Ideen und Konzepte wie man die Leute zwischen Bern und Genf auf die Rennbahn bringen kann, damit auch die Trainer in Avenches profitieren könnten. Ich habe es aber aufgegeben mich zu engagieren, da ich gemerkt habe, dass man in Avenches mit guten Ideen nicht erwünscht ist. Man ist nur als Zahler geduldet.

Ein grosser negativer Punkt im Schweizer Galopprennsport sind die veralteten Strukturen und das unprofessionelle Milizsystem – dies alles hilft den Trainern nicht, wirtschaftlich zu arbeiten. In den vergangenen Jahren hat sich im Galopprennsport nicht viel positiv verändert, ausser dass man die Finanzen auf Kosten der Aktiven saniert hat.

Von der Spitze des Galopprennsportes würde ich noch mehr Engagement im Bereich Sponsoring, Marketing und die Erweiterung der PMU-Wette in die Deutschschweiz erwarten. Nur die PMU-Wette in der ganzen Schweiz ist der Schlüssel, dass in Zukunft alle (Trainer, Reiter, Stallpersonal usw.) angenehm leben oder überleben können. Es tönt ein wenig hart, ist aber Realität. Zur Zeit sind die Grossverdiener in unserem Sport nur die Hufschmiede, Tierärzte und Heiler.

In der Zeit, als Gaby Wenisch Trainerin war, habe ich sie unterstützt, indem ich am Mittwoch und Samstag jeweils die Pferde gesprungen habe und mich für neue Pferde umgeschaut habe. Wir haben gut zusammengearbeitet, der Erfolg gab uns recht. Aber fast sechs Jahre lang 7 Tage die Woche, ca. 60'000 km im Auto und nur 1 – 2 Wochen Ferien im Jahr, da muss man schon ein wenig verrückt sein.
Zuerst hat es schon weh getan, als das Ganze auseinander fiel, was man zusammen aufgebaut hat. Jetzt bin ich aber froh, dass ich wieder mehr Zeit für mich habe, und das machen kann was ich will, und nicht mehr in einem Wochenprogramm untergeordnet bin. Ich bin jetzt über 25 Jahre in diesem Sport und liebe diesen immer noch.“


Andi Wyss
Nimmt im Gespräch mit horseracing.ch kein Blatt vor den Mund: Andi Wyss 

Auch er, Andi Wyss, sei müde. 25 Jahre im Rennsport, 10 Jahre davon intensiv als Rennreiter (135 Siege) und die letzten 6 Jahre mit Gaby Wenisch den Rennstall in Avenches aufgebaut, haben ihre Spuren hinterlassen. Aber er sagt, wenn man einmal von diesem Virus befallen ist, bringt man ihn nicht mehr los.

Andi Wyss träumt davon, in ein paar Jahren irgendwo eine Privatanlage zu bewirtschaften – und in den künsten Träumen sieht er sich als Rennbahn-Manager. Derzeit konzentriert sich Andi Wyss auf die Pferdevermittlung (Deutschland, Frankreich, England) sowie seinen Job in Zürich, wo er seit über 13 Jahren zuständig ist für den Kaufm. Bereich im Geschäft eines Freundes.

 
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