Offene Fragen gibt es vor jedem Renntag. Doch vor diesem ersten White Turf-Renntag 2009 sind es besonders viele. Zum einen mal ganz grundsätzlich die Frage nach dem Geläuf. Es hat viel Schnee gegeben in den letzten Wochen in St.Moritz. Zudem soll es gemäss Wetterprognosen bis (und möglicherweise auch am) Sonntag weitere Schneefälle geben.
Wir haben bei White Turf-CEO Ruedi Fopp höchstpersönlich nachgefragt, wie er die Situation sieht. Zunächst hielt Fopp fest, dass die WTRA ausgesprochen glücklich ist mit den vielen Startern. Was die Bahn-Verhältnisse betrifft, erklärte er: "Wir hatten dieses Jahr zu kämpfen gegen die Unbill der Natur. Inzwischen haben wir die Bahn im Griff. Es ist aber sicher weich am Sonntag."
Erste wichtige Frage also schon mal tendenziell beantwortet. Wie weich bzw. tief das Geläuf letztlich dann ist, müssen die ersten Rennen zeigen. Vorher kann das erfahrungsgemäss nie mit Sicherheit beantwortet werden.
Was hilft uns das jetzt im Hinblick auf Wett-Prognosen? Nicht wirklich viel. Denn wie die Geschichte uns lehrt, läuft so manches Pferd, das auf Gras tiefen Boden nicht mag, auf tiefem Schnee-Geläuf plötzlich gut - und umgekehrt.
Die Unsicherheit bleibt also. Doch genau das macht ja die besondere Faszination der Schnee-Rennen aus.
Wir beschränken uns in unserer folgenden Vorschau bewusst auf das Rennen mit einigen Kandidaten für den Gübelin Grossen Preis von St.Moritz, das mit 121'121 Franken dotierte Highlight vom 22. Februar 2009. Nicht dass der Sprint, der ebenfalls mit 20'000 Franken dotiert ist, weniger interessant wäre. Doch der Fokus an White Turf liegt halt doch von Anfang an auf dem GP St.Moritz.
Im GP Guardaval Immobilien, dem Vorbereitungsrennen im Hinblick auf den GP vom dritten Sonntag, treffen fünf Pferde aus Schweizer Quartieren auf fünf Gäste, vier Deutsche und einen Engländer.
Lediglich die beiden Schützlinge von Miro Weiss, der letztjährige GP-4. Salattus sowie der "Recke" Vegano (GP-5.) haben bereits Schnee-Erfahrung. Vlavianus hat bei bisher vier Schnee-Starts überzeugt: Letztes Jahr gewann er bei beiden Einsätzen, im 2007 holte er je einen 2. und 3. Platz. Nun bekommt er folgerichtig die Chance, sich gegen auf dem Papier stärkere Gegner zu beweisen und das GP-Ticket zu lösen. Bereits 6 Schnee-Starts hat Collow absolviert - vor drei Jahren gewann er diesen Vorbereitungs-GP überlegen vor der nachmaligen Siegerin Ianina, die ihm zwei Wochen später im GP hauchdünn das Nachsehen gab. 2007 lief er sowohl am ersten wie auch am dritten Sonntag auf Rang drei, bevor er im 2008 dann im Vorbereitungs-Rennen als 8. enttäuschte, dann aber im GP wieder dritter wurde. Wenn einer in den letzten drei Austragungen des GP St.Moritz stets einen Toto-Rang belegt, muss er logischerweise bei jedem Schnee-Auftritt zu den Favoriten zählen.
GAG-mässig ist Pont des Arts der beste Galopper der Schweiz. Bei ihm, wie bei allen anderen Gegnern der beiden Weiss-Schützlinge - ausser dem "Recke" Vegano, stellt sich natürlich die Frage, ob er seine Klasse auf der ungewohnten Unterlage auch ausspielen kann. Spannend ist insbesondere die Frage nach der Taktik. Der "alte" Pont des Arts, der als Zwei- und Dreijähriger seine Gegner jeweils von der Spitze aus förmlich "aus den Schuhen" galoppierte, wäre auf Schnee bestimmt im Vorteil gegenüber dem "neuen" Pont des Arts, der in der Saison 2008 auf die Warte-Taktik umgestellt wurde. Als Nachteil könnte sich die auf Schnee in den letzten Jahren nicht über alle Zweifel erhabene Stallform seines Quartiers erweisen. Der letzte Schafflützel-Schnee-Sieg datiert nach unseren Recherchen vom 22. Januar 2006 (als True Blue in totem Rennen mit Germanski das Aroser Hürdenrennen gewann), in St.Moritz konnte der Dielsdorfer Coach letztmals im 2003 an einer Siegerehrung teilnehmen - mit Brother's Valcour, einem Stallgefährten von Pont des Arts.
Ausgesprochen interessant ist sind die beiden Pferde des Duos Weissenstein/Raveneau. Mit Salattus ist der 4.-plazierte des letztjährigen GP St.Moritz dabei. Der in der Saison 2008 gewinnreichste Galopper auf Schweizer Bahnen trägt Höchstgewicht, ist aber mit dem mehrfachen tschechischen Champion-Jockey Vaclav Janacek, der in Arosa mit zwei Siegen bereits überzeugende Kostproben seines Könnens abgegeben hat, ein heisser Siegkandidat. Dies muss auch für seinen Stall- und Trainingsgefährten Eiswind gelten, der im letzten Herbst mit Pauken und Trompeten (2. im Grand Prix LGT Jockey Club, Sieger im Silberblauen Band) in der Schweiz eingeschlagen hat. Er kann vorne mitgehen, was wie erwähnt auf Schnee nur von Vorteil sein kann.
Ja, und was können die Gäste? Der aus England anreisende Swiss Act ist nach zwei Aufbaustarts nach Verletzungspause nicht zu beurteilen. Das Trio Johnston/Gräff/Fanning hat jedoch in den letzten Jahren x-fach bewiesen, dass sie kaum nur zum Plausch eine Expedition in die Schweiz unternehmen.
Von den deutschen Gästen ist der von Christian Freiherr von der Recke trainierte Vegano (letztes Jahr 5. im GP) der einzige mit Schnee-Erfahrung. Er schien bei den letzten Starts (im Dezember auf Dortmunder Sand) nicht mehr so zwingend - vielleicht spürt der Achtjährige nun die 18 (!) Saisonstarts 2008.
GAG-mässig ist von den Gästen aus unserem nördlichen Nachbarland der Rulec-Schützling Romantic Man (77.5) am höchsten eingestuft. Dieses solide Ausgleich-II-Pferd (übrigens ohne Sand-Erfahrung) hat seit Oktober pausiert und könnte deshalb gegenüber den zuletzt auf Sand gelaufenen Franziskaner (mitte Januar beim Sand-Debüt überlegener Sieger!) und Saraab (allerdings Ende Januar beim ersten Start nach rund 4 Monaten Pause völlig chancenlos) konditionell noch im Nachteil sein.
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