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Suisse Trot GV: Wenig Anwesende, Bestätigung des Vorstandes in Listenwahl und brisante Aussagen

Montag, 05. März 2018 17:02

Wenig Neues bei Suisse Trot. Von 204 Aktivmitgliedern von Suisse Trot waren vorgestern Samstag, 3.3.2018, in Avenches neben dem wieder für 4 Jahre bestätigten Vorstand gerade noch 25 an der Jahresversammlung dabei. Vor allem solche aus der Westschweiz.

von Markus Monstein

 

Die 75. ordentliche Generalversammlung von Suisse Trot verlief lange nach dem Motto "courant normal". Jean-Pierre Kratzer führte als Präsident in gewohnter Manier durch die Versammlung. Keines der anderen Vorstandsmitglieder ergriff das Wort, auch die Traktanden "Bilanz und Erfolgsrechnung 2017" sowie "Budget 2018" wurden durch JPK selbst bestritten, nicht etwa vom Finanzchef.

 

Einnahmen von 559'519.29 Franken standen Ausgaben von 547'566.22 Franken gegenüber, was einen Jahresgewinn von 11'953.07 Franken ergab (Vorjahr 50'624.21). Bei den Einnahmen sind die grössten Posten traditionell von den Besitzern zu berappen: 184'018.28 aus den Verwaltungsgebühren (7.4 % der von den Besitzern erzielten Gewinne plus MWST), 79'000 Franken aus den Registereintragungen der Pferde und knapp 93'000 Franken machen die Mitgliederbeiträge aus. Diese drei Positionen ergeben bereits 356'000 Franken oder fast 64% der Einnahmen von Suisse Trot im 2017. Bei den Ausgaben ist der Posten "Verwaltungsaufwand IENA" mit 300'000 Franken mit Abstand am grössten, gefolgt von Spesen-Entschädigungen für Funktionäre (87'853 Franken), wobei auf der Einnahmen-Seite wiederum 71'620 Franken unter "Funktionnäre" (sic!) als Ertrag aufgeführt sind.

 

Die Besitzer kommen also für einen Grossteil der Einnahmen von Suisse Trot auf (wobei hier die Nenngelder, welche an die Veranstalter gehen, noch gar nicht enthalten sind). Und trotzdem gehen nur wenige (notabene immer weniger) an die Generalversammlung des Dachverbandes. Insgesamt waren 31 von 204 Aktivmitgliedern von Suisse Trot am Samstag anwesend, 6 davon gehören dem Vorstand an (Nur Aktiv-Mitglieder haben Stimmrecht und nicht alle Vorstandsmitglieder sind solche). Somit waren 25 Aktiv-Mitglieder der "Basis" vor Ort, die meisten aus der Romandie. Doch es gab auch eine Handvoll Gäste, die extra aus der Deutschschweiz angereist waren. Dass von den Top 10 der Trainer und Berufsfahrer deren 5 und von den Amateur-Fahrern nur gerade 3 anwesend waren, spricht Bände.

 

An dieser Stelle eine Klammerbemerkung mit Kommentar-Charakter: Der Termin gegen Abend an einem Renntag ist nicht ideal, darauf weisen wir seit Jahren hin: Für die einen bedeutet dies dreieinhalb Stunden Wartezeit nach dem letzten Rennen (weshalb einige gar nicht erst in Avenches geblieben waren), für die anderen Stress pur, weil sie die Pferde nach Hause bringen, den Stall machen und dann wieder zurück nach Avenches kommen müssen. An dieser Stelle noch einmal die Frage: Weshalb die GV von Suisse Trot nicht wieder bewusst von einem Renntag loslösen und woanders hin verlegen? z.B. wie früher in den Raum Bern - gut zu erreichen sowohl aus der Deutschschweiz wie für die Romands. Und es müsste ja genau das Ziel sein, dass möglichst viele Aktivmitglieder die Generalversammlung besuchen. Wahrscheinlich gibt es aber auch noch andere Gründe, weshalb die Aktiven nicht mehr an die GV von Suisse Trot gehen.

 

 

JPK-Vorstandsliste für vier weitere Jahre bestätigt

Unter Traktandum 9 ging es um die Wahl des Vorstandes. Jean-Pierre Kratzer sagte dazu, dies sei immer auch der Moment, um eine Veränderung herbeizuführen. Er stellte die (im Prinzip rhetorische) Frage, ob es aus der Versammlung eine andere Liste gebe, die sich zur Wahl stelle. Gab es nicht. So liessen sich die bisherigen Vorstandsmitglieder mit Ausnahme von Margaux Egli, die auf der Liste durch Karin Bezzola Gauch ersetzt wurde, wieder für vier Jahre wählen. Bei der letzten Wahl hatte Kratzer betont, er wolle Junge in den Vorstand einbinden. Von der damals gewählten 11er-Liste hatten Daniel Grüter (seit 2005 im Vorstand Suisse Trot) und Joey Vignoni per Ende 2016 demissioniert, sowie eben nun auch Margaux Egli.

 

Vor der Wahl präsentierte JPK das Programm seiner Vorstandsliste für die nächsten 4 Jahre:

1) Animal Welfare/Tierwohl

2) Ponyschulen und Jugendförderung

3) Netto-Einkommen für Besitzer wahren, um deren finanziellen Aufwand zu minimieren

4) Weiterführung der Politik der Zusammenarbeit in Europa und vor allem mit Frankreich

5) Fortsetzung der Integration innerhalb von Trab-Europa und Harmonisierung der Regeln/Richtlinien der UET

6) Zucht fördern und aufrechterhalten

7) Zusammenarbeit mit den Rennsportverbänden unseres Landes

 

Die Vorstands-Liste (bestehend aus Jean-Pierre Kratzer, Leonard Devaud, Armin Koller, Denis Roux, Verena Schneider, Roman Wolf, John Seydoux, Roland Hofer und neu Karin Bezzola Gauch) wurde in der Folge gewählt. Statt 11 wie vor vier Jahren sind es aktuell nun also 9 Vorstandsmitglieder. Dies sei im Moment ausreichend, werde aber in den kommenden Jahren wieder ergänzt.

 

Kratzer sprach von der Digitalisierung, welche auch den Rennsport revolutionieren werde. Zum einen die Wetterei (von jedem Smartphone aus kann inzwischen gewettet werden, man braucht dafür nicht mehr in eine Wettannahmestelle zu gehen) und zum zweiten beim Thema "Pferderennen und unser Verhältnis zum Pferd". Diesen Punkt, betonte Kratzer, könne man im Zeitalter der sozialen Medien nicht mehr vollständig beherrschen. Dies zu verstehen sei ebenso zentral wie kapital. Man dürfe aber die Pferde nicht vermenschlichen.

 

"Für ein Rennpferd sind 8 Stunden auf der Weide eine Form der Tierquälerei" (Zitat Jean-Pierre Kratzer)

Zum Thema Tierwohl stellte Heiner Bracher die Frage, ob die neuen Stallungen für die Pony-Schule mit Auslaufboxen gebaut würden. Jean-Pierre Kratzer verneinte, dies sei für Rennpferde gar nicht nötig und würde vom Tierschutzgesetz nicht verlangt. Es gebe keine Norm dafür und es gehe vielmehr darum, dass die Pferde gepflegt, regelmässig bewegt und gut behandelt würden. Bracher entgegnete, dies wäre doch nun die Chance, den Besuchern des IENA zu zeigen, dass es den Pferde gut gehe und dem Rennsport ein positiveres Image zu geben.

 

Daraufhin machte Jean-Pierre Kratzer eine befremdende Aussage: "Ich habe mit Leuten vom Tierschutz diskutiert, die mich gefragt haben, weshalb wir unsere Pferde nicht 8 Stunden auf eine Weide stellen. Und ich habe ihnen ganz klar geantwortet: Einen Vollblüter 8 Stunden auf eine Weide zu stellen, ist eine Form der Tierquälerei."  (Original-Zitat auf Französisch: "Mettre 8 heures un pur-sang dans un parc, c'est une forme de maltraitance.") Der Schreibende fragte extra nach, ob er dies richtig verstanden habe - und hielt fest, dass es ebenso gefährlich wie bedenklich sei, wenn der Präsident des SPV (Schweizer Pferdesport-Verband) und Suisse Trot eine solche Aussage mache. D.h. wenn Jean-Pierre Kratzer den Versuch, Rennpferde so natürlich zu halten wie möglich, wie eben in der Natur, als Tierquälerei qualifiziere.

 

Kratzer antwortete darauf: "Die Pferde haben eine Charakteristik. Diese gilt es zu beachten und zu respektieren. Für ein Pferd, das Rennen bestreitet, ist eine so lange Zeit auf der Weide eine Form der Misshandlung, sagen Spezialisten." Punkt.

 

Adrian Burger fragte bezüglich Tierwohl, wie es denn in Avenches künftig mit warmem Wasser zum Waschen/Duschen der Pferde nach den Rennen (oder dem Training) aussehe. Wir würden von den Pferden viel verlangen und er sei mit seiner Ansicht nicht allein, dass es angebracht sei, nach einer Anstrengung warmes Wasser zur Verfügung zu haben. Er habe vor drei Jahren schon darauf hingewiesen, aber bisher sei nichts geschehen. Jean-Pierre Kratzer antwortete lediglich, es gäbe noch viel zu tun - ohne etwas zu versprechen.

 

Kritik an Deutschschweizer Rennsport-Exponenten

Anschliessend kam Jean-Pierre Kratzer auf einige Rennsport-Exponenten aus der Deutschschweiz zu sprechen: "Manche Leute denken zum Teil noch wie vor 20 Jahren. Diese Zeit ist vorbei. Pferderennen haben an Zuschauerinteresse und Attraktivität verloren. Das ist irreversibel", so Kratzer, "Marketing zu machen ist nicht möglich, respektive bringt nichts. Diese Leute, von denen ich spreche, wollen die Vergangenheit zurück." Kratzer erwähnte explizit den CRB (Club der Rennpferde-Besitzer), der in einem Antrag an Galopp Schweiz "vom Dachverband SPV und den Verbänden Galopp Schweiz, Suisse Trot und VRV eine einvernehmlich gefasste Vorwärts-Strategie fordert mit realistischen und machbaren Konzepten zu allen wichtigen Themen wie Kommunikation, Medien, Werbung, Sponsoring, Wettbetrieb, Pferde, Besitzer, Rennbahnen, Rennkalender, Ausschreibungen, Nachwuchsförderung, Trainer, Jockeys u.a."

Nun, die Passage "einvernehmlich gefasst" hat Kratzer schon mal deutlich in den Wind geschossen.

 

Und als Evelyne Fankhauser die Situation der Trab-Trainer in der Deutschschweiz schilderte, die ohne Trainingsbahn in der Nähe sehr viel Aufwand in Kauf nehmen müssen (Trainings in Avenches mit langer Anfahrt), damit ihre Pferde kompetitiv seien, schoss Kratzer nochmal in Richtung Deutschschweiz. "Es sind die Leute, die den Unterschied machen! Ich habe ein Konzept gemacht für eine Trabrennbahn in Frauenfeld, doch nichts ist bisher passiert. Auch in Dielsdorf gab es einmal ein Projekt für eine Trabbahn. Doch wer in der Deutschschweiz kämpft denn noch für unseren Sport?", so Kratzer. Es blieb offen, ob er mit "unserem Sport" die Pferderennen allgemein oder den Trabrennsport meinte.

 

PREMIUM-Rennen als Muss - sonst droht der Absturz

Auf die Frage aus dem Kreise der GV, weshalb dieses Jahr vermehrt verschiedene Wochentage und auch Zeitfenster über Mittag für die Rennen in Avenches auf dem Programm stehen, antwortete Kratzer: "Wir haben keine Wahl. PMU findet überall Veranstalter für diese Rennen. Und für uns ist es wichtig, dass wir an solchen PREMIUM-Tagen 8 Rennen haben. Da müssen wir nehmen, was uns angeboten wird."

 

Jean-Pierre Kratzer zeigte mit vielen Zahlen (die auf die Schnelle wohl kaum jemand im Detail erfassen und begreifen konnten), dass ohne PREMIUM-Rennen die durchschnittliche Dotation bei gleichbleibender Anzahl Trabrennen in Avenches von rund 10'000 Franken auf 2256 Franken sinken würde. Also deutlich tiefere Dotationen und/oder weniger Rennen.

 

Auf die Frage des Schreibenden, was er auf die Zahlen der horseracing.ch-Analyse betreffend Trainer- und Amateur-Fahrer-Schwund (50% in den letzten 25 Jahren, 25% in den letzten 10 Jahren) sage und zu unternehmen gedenke, antwortete der Präsident, es habe in den letzten Jahren grosse gesellschaftliche Veränderungen gegeben, verbunden mit einer Urbanisierung (im Sinne von "Verstädterung" mit einem veränderten Verhalten der Bewohner) und der Landmangel werde grösser. Deshalb hätten weniger Leute Pferde zu Hause, was gerade bei den Trabern zu Einbussen geführt hätte. Auf den Einwand, man müsse für die Amateure etwas tun, die unter der Woche nicht immer nach Avenches fahren könnten, gab Kratzer zur Antwort: "Niemand hindert die Amateure daran, in der Deutschschweiz am Sonntag zu starten."

 



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