von Markus Monstein
Wer die offiziellen Rennberichte der letzten Wochen und Monate liest, stösst bei den Trabern auf Punkte. Viele Punkte. Früher (d.h. bis und mit 2022) gab es Bussen und Lizenzentzüge (evtl. Verwarnungen) wie bei den Galoppern. Hohe Geldbussen und mehrere Tage Lizenzentzug wirken abschreckend, im Optimalfall erziehend.
Suisse Trot hat einen etwas anderen Weg gewählt. Nicht ganz einfach zu verstehen. Wie auch einige Formulierungen im Reglement. Sanktionen gibt es u.a. bei "starken Bewegungen mit dem Oberkörper" (Paragraph 158, Absatz 2.27). Man schaue sich die Rennen der letzten Monate an. Was genau ist denn nun "zu stark"? Wir bringen hier bewusst keine Film-Beispiele dazu. Es reicht, sich einige Rennen anzuschauen.
Am Rande erwähnt: Es gibt noch die ulkige Bestimmung, dass jeder Fahrer verpflichtet ist, "während es Rennens nicht unnötig zu lärmen". Das hat sich hartnäckig gehalten. Wer an den Rails steht (z.B. mal an einem Renntag in Avenches) und die Einläufe beobachtet, weiss sofort, weshalb ich das "ulkig" finde.
Hier die Passage zum Thema Peitsche/Leinen/Paraden im Trabrennreglement (Paragraph 141):
Bis anhin war es so, dass Fahrer mit Bussen und/oder Lizenzentzug bestraft wurden. Auf die Saison 2023 hin führte der Vorstand Suisse Trot ein Punktesystem ein. Wer in Sachen Peitschen-/Leinengebrauch einen Fehler macht oder übertreibt, bekommt dies weiter (respektive noch stärker) im Portemonnaie oder auf dem Suisse Trot-Konto zu spüren. Geldbussen gibt es fast nur noch für solche Vergehen (eine Ausnahme im 2023). Sonst gibt es Strafpunkte. Hat ein Fahrer 5 Strafpunkte gesammelt, wird er für einen Renntag gesperrt. Für ausländische Fahrer werden Punkte in Geldbeträge umgerechnet (1 Strafpunkt = 50 Franken). Umgekehrt werden Bussen für Junioren (u.a. Amateur-Champion Xavier Bovay) in Strafpunkte umgewandelt (50 Franken = 1 Punkt).
Wie das in der Praxis seit 2023 aussah, zeigt unsere Zusammenstellung der verteilten Strafen ganz unten!
Seit dem 25.April 2024 können sich die Fahrer Bonus-Punkte holen...
Vor einem Montag erfolgte die Einführung eines Bonuspunktesystem in Verbindung mit dem "Strafpunktesystem für Fahrer" / Mise en place un barème de points bonus en relation avec le «système des points de pénalité pour les drivers»
Das ist fast schon wie bei Migros mit Cumulus oder Coop mit der Super-Card.
Das ist eine der Folgerungen. Eine gefährliche Entwicklung. Denn schliesslich wollen wir keine Szenen wie bei Ben Hur.
Wenn jemand einen Gegner behindern kann, so dass dieser disqualifiziert wird (im 2023 mehrmals vorgekommenn) und dafür nur ein paar Punkte (3 bis 5 in der Praxis) bekommt, ist das offenkundig zu wenig abschreckend. Früher gab es in jedem Fall eine Busse und Lizenzentzug.
Wir erinnern an die "berühmtesten" Behinderungs-Fälle der letzten Jahre:
1) Marcel Humbert gegen Henri Turrettini am 2. Mai 2021 in der Trophée Vert in Avenches: ESATTIFA wurde behindert, konnte aber das Rennen fortsetzen und wurde Fünfte.
Konsequenz: 5 Tage Lizenzentzug und 500 Franken Busse
2) Renaud Pujol gegen Heiner Bracher in der Meisterschaft am 28.8.2022 in Aarau: BE COOL D'EB wurde behindert, was zu seiner Disqualifikation führte (Renaud Pujol versuchte durch das Manöver, einem anderen Schützling aus seinem Quartier freie Bahn zu verschaffen)
Konsequenz: 2 Tage Lizenzentzug und 200 Franken Busse
Die Praxisbeispiele unten zeigen, dass es selbst für einen klaren Fall von Behinderung mit Disqualifikationsfolge maximal 5 Punkte gibt (was einem Tag Lizenzentzung entspricht), mehrmals sogar nur 3 Punkte. Das ist deutlich weniger als bis vor der Einführung des Punktesystems.
Unverständlich und ein gefährliches Signal: Selbst für das Verursachen eines Fehlstarts gab es einmal 3 Punkte Strafe, wie auch für die Einnahme eines falschen Startplatzes.
Wenn man sich dann noch Bonuspunkte holen kann (durch einen Tag bei der Rennleitung, respektive dem Renntags-Direktor in Avenches - oder durch die Abgabe der Peitsche bis Ende Saison), haben Behinderungsaktionen für die Fahrer kaum mehr spürbare Konsequenzen (für die Fahrer, die am meisten im Einsatz sind, gibt es nach 25 Rennen ohne Fehler jeweils automatisch 2 Punkte abgezogen. Wer gut kalkuliert kann mit diesen Bonuspunkten gewissermassen gefahrlos zwei Gegner aus dem Rennen "kegeln", mit etwas Geschick).
Etwas überspitzt auf dem Punkt gebracht: Was ist in Sachen Tierschutz relevanter, was tut dem Pferd mehr weh? Wenn ihm jemand in die Beine fährt oder wenn der Fahrer zu stark mit den Leinen wedelt?
FAZIT: Ein Punktesystem ist nur dann zielführend, wenn es die richtigen Anreize setzt. Ist in der aktuellen Form aus meiner Sicht nicht gegeben. Mir erschliesst sich schlicht nicht, weshalb die Abkehr vom System mit Bussen und Lizenzentzug nötig war.
(Peitschen/Leinengebrauch/Paraden weiter unten; da gibt zusätzlich zu den Strafpunkten auch Bussen):
Bussen gab es hingegen für folgende Vergehen mit Startnummern:
Im Wiederholungsfall werden die Strafen verdoppelt - en cas de récidive les sanctions sont doublées.
Affaire à suivre...
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