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"Vom Schachen an die Kanalküste" - Artikel im Oltner Tagblatt mit starkem Rennsportbezug (UPDATED mit FOTOS)

Mittwoch, 29. Juli 2009 10:30

Im Rahmen einer Sommerserie im Oltner Tagblatt hat der horseracing.ch-Fotograf Ueli Wild einen interessanten Artikel verfasst.

"Ein Ort, der mir gefällt" - so lautet das Thema der Sommerserie im Oltner Tagblatt. Ueli Wild hat die Gelegenheit genutzt, einen Vergleich zwischen Rennen im Aarauer Schachen und in der Normandie zu ziehen.

Sehr lesenswert!

 

 

Vom Schachen an die Kanalküste

Vom Reiz ländlicher Pferderennbahnen und der salzigen Meeresluft - auch ein schweizerisch-französischer Vergleich


Ueli Wild

Im Niederamt haben wir, das wissen viele nicht, eine Pferderennbahn. Eine halbe zumindest. Nur kennt man sie unter dem Namen der andern Hälfte: «Aarau». Ziemlich genau durch die Mitte der Bahn verläuft schnurgerade die Kantonsgrenze. Auf der Gegenseite sagen die Pferde dem Aargau adieu, kämpfen sich durch den «Schönenwerderbogen» und verlassen die Gemeinde Eppenberg-Wöschnau kurz vor Erreichen der Tribüne wieder. Klar, die Infrastruktur befindet sich zum grössten Teil auf Aarauer Boden. Die Tribüne und die rückwärtige Überdachung werden auch für andere Veranstaltungen genutzt: fürs Openair-Kino etwa oder am Maienzugabend fürs Chrutwäie-Openair. Der Schachen macht sich nützlich.

Die Anlage liegt in einer grünen Geländekammer zwischen Aare und Auenwald. Mit Blick auf den Hungerberg und den Erlinsbacher Kirchturmspitz. Und wohl kein Bahnchef in der Schweiz hat sein Geläuf so gut im Schuss wie Beat Blank, der als Trabaktiver weiss, worauf es ankommt. Aber in der deutschen Schweiz stehen und fallen die Renntage mit etwas anderem: mit den Sponsorengeldern. Und wenn man schon mal Geldgeber am Wickel hat, müssen die natürlich ihre Plattform kriegen. «Aarau» ist da unübertroffen: Der Rennbahn- und der Führringspeaker quasseln um die Wette, und wenn sie mal Luft holen müssen, halten sie das Mikrophon ein paar Sponsoren unter die Nase. Bei dem dauernden Geplänkel kann ich nicht behaupten, der Schachen sei ein Ort, der mir an Renntagen besonders gefallen würde, auch wenn er vor der Haustür liegt. In Frankreich habe ich da anderes erlebt. Da hatte ich auch schon das Gefühl, froh sein zu müssen, wenn der Speaker bis zur ersten Tribünenpassage des Feldes den Weg in seine Kabine wieder gefunden hatte.

«Hauptquartier» in der Normandie

Drehen wirs mal um: Ein Ort, der mir gefällt? - Nein, ich nenne keine einzelne Rennbahn, sondern unser «Hauptquartier» in der Normandie, von dem aus meine Frau und ich in den Frankreich-Ferien oftmals Rennen besuchen. Trabrennen zumeist. Die Normandie ist Traberland, handfest, mit Bodenhaftung. Die Cüpli-Bar mit den Reichen, den Angebern und den Stiletto Heels, um die ich im Schachen einen weiten Bogen mache, die gibts in Deauville bei den Galoppern bestimmt, aber doch nicht in Bréhal oder in Avranches, wo man Bier und Cidre trinkt und Galettes mit fett-triefenden Saucisses verschlingt. Auf dem Land sind Pferderennen in Frankreich nichts Elitäres, da gibts keine Klassenunterschiede, keine nummerierten Sitzplätze wie im Schachen, sondern einen bescheidenen Einheitseintrittspreis. Wer mag, klettert hoch auf die oftmals denkmalschutzwürdige Tribüne, andere parkieren ihre Campingstühle im Gras.

In unseren zwei Sommerferienwochen hätten wir allein in der Basse Normandie über 20 Renntage auf rund einem Dutzend Bahnen zur Wahl. Ohne Galopp-Renntage, wohlverstanden. Etwa 30 sind im Rahmen eines Tagesausflugs noch immer gut erreichbar. Natürlich sind da nicht nur hochkarätige Rennen dabei - etwa in Cabourg oder in Saint-Malo, gleich drüben in der Bretagne. Trotzdem, zum Vergleich: In der ganzen Schweiz gibts dieses Jahr 45 Renntage auf neun Bahnen - vier davon im Schachen.
Unser «Hauptquartier» ist eine kleine Auberge, unweit von Avranches und nur wenige Kilometer von der Bucht des Mont Saint-Michel entfernt. Ein traditionelles Steinhaus mit dem Cheminée an der Stirnseite des Gebäudes, wie man es in der Normandie zu Hauf trifft, beherbergt die Küche, den schmalen, von einer Längsfront zur andern reichenden Essraum und im ersten Stockwerk zwei Zimmer. Drei weitere befinden sich drüben in der Dépendance, alle ganz individuell ausstaffiert. Eins nach dem andern wurde aufgefrischt. Topmoderne Nasszellen, sorgsam ausgewählte Möbel und Accessoires, die an eine gepflegte Brocante erinnern. Kaum 20 Personen finden im Restaurant Platz, wo das Abendlicht, das vom Garten mit dem Waschhäuschen her einfällt, das kühle Blau der Wände und Vorhänge aufwärmt. Mit der exzellenten Küche liesse sich mehr Umsatz machen, doch der Gesundheit zuliebe möchten die Wirtsleute kürzer treten. Wenns irgendwo zischt: «Miss!», hat die Chefin ihre alte Hundedame erspäht, die sich ins Restaurant geschlichen und mit erwartungsfrohem Blick neben einem Tisch postiert hat. Auf einem Stuhl daneben döst derweil unbemerkt im Schutz des Tischtuchs Coco, die Katze. Das Reich des Chefs ist die Küche, aber an seinem freien Tag fährt auch er manchmal zu den Rennen. Dann erzählt er uns am Morgen, auf welche Pferde er setzen wird. Beim Wetten ist er fast so genial wie am Herd.

Die Baie du Mont Saint-Michel

Die Austern von Blainville, beträufelt mit Zitronensaft, zaubern den salzig-frischen Geschmack des Meeres auf den Tisch. Handfester eine andere regionale Spezialität: das Agneau de Pré Salé, das Fleisch der Schafe, die auf den von Zeit zu Zeit vom Meerwasser überspülten Salzwiesen in der «Baie», der Bucht des Mont Saint-Michel weiden. Je nach Zimmer kann der Blick vom Badezimmerfenster aus am Horizont just auf die Silhouette des Mont Saint-Michel fallen. Zehn Kilometer von hier erhebt sich der von einer Abtei aus dem Mittelalter bekrönte Fels jäh aus dem Watt. Wegen der Sandrinnen sind die Gezeiten in der Baie heimtückisch. Die Flut hat da schon manchen Pilger ins Verderben gerissen. Von Genêts aus, nördlich von hier, an der Küstenlinie zwischen Avranches und Granville, wird die Bucht von Touristen, aber auch noch immer von Pilgerzügen traversiert. Am Sandstrand von Genêts kann man ausserdem am Morgen früh Traber und Galopper trainieren sehen.

Ich mag den Wind, die salzige Luft, das Schreien der Wasservögel, die tief hängenden Wolkenbänke, die über dem Kanal aufziehen. Sei es in Courtils, bei der Maison de la Baie, wo man alles über die Bucht erfährt. Sei es drüben in Genêts beim Bec d'Andaine, wo sich die Ornithologen tummeln, oder, rund 30 Kilometer nordwärts an der Cotentin-Küste, auf dem Rennplatz von Granville, den nur eine von Heidekraut und Disteln bewachsene Düne vom Sandstrand trennt. Eine verlorene kleine Tribüne, eine Graspiste für die Traber, eine Hindernisbahn für die Galopper. Viel mehr gibt es hier nicht.

Galion d'Argent

In unserer Stallgemeinschaft hatten wir einen Klassetraber, der unweit von hier zehn Jahre lang zu Hause gewesen war: Galion d'Argent. Ein grossrahmiger Gentleman-Wallach, der dann, als er bei uns «pensioniert» wurde, einen guten Platz als Freizeitpferd fand. Leider ist er vor ein paar Wochen, 15-jährig, an einer Hirnhautentzündung gestorben. Er war in der Schweiz immer ein wenig erkältet. Vielleicht fehlte ihm die salzige Luft der normannischen Küste, auf deren Sand ihn Denis Devé trainiert hatte. Im Wohnraum seiner Vorbesitzer hängt noch immer ein gerahmtes riesiges Porträt von ihm. «Das beste Pferd, das wir je hatten», sagen Denis und Evelyne Devé. «So eins hat man nur einmal im Leben.» Anzurufen brauchen wir die beiden jeweils nicht. Auf irgendeinem Rennplatz in der Gegend läuft man sich schon über den Weg. Sie laden uns immer mal wieder zum Abendessen ein. Zu sich und ihren Pferden in Saint-Sauveur-la-Pommeraye an der fast schnurgeraden Strasse zwischen Granville und Villedieu-les-Poêles. Da lernt man viel und amüsiert sich. Nur schade, dass ich beim Wein immer passen muss, weil ich spät nachts die 40 Kilometer zur «Baie» hinunter zurückfahren muss. Wobei mir die Strecke ab der Umfahrung von Granville fast so vertraut vorkommt wie mein Arbeitsweg.

Les Sables-d'Olonne - hin und zurück

Einmal haben wir trotzdem angerufen. «Wir haben heute Abend drei Starter», sagte Evelyne Devé. «In Les Sables-d'Olonne, kommt ihr auch?» - Ich wusste ungefähr, wo Les Sables-d'Olonne liegt, aber nicht recht, wie weit das war. Jetzt weiss ich es: südwärts, auf dem direktesten Weg etwas über 300 Kilometer von Avranches. Tja, die Franzosen fahren mit ihren Pferden ganz andere Distanzen als wir in der Schweiz! Das Kulturprogramm unterwegs war drum keine gute Idee. Als wir auf den Rennplatz kamen, hatten zwei der drei Devé-Pferde ihr Rennen schon hinter sich. Halb zwölf fuhr ich wieder los. Am Stadtrand von Les Sables-d'Olonne musste ich anhalten, um das Navigationsgerät, das sich «aufgehängt» hatte, neu zu programmieren. Beim Anfahren streikte die Batterie. Eine zufällig vorbeifahrende Frau half uns beim Überbrücken. Ich getraute mich nicht mehr, den Motor abzustellen und bretterte  nonstop durch die Nacht. Kaum Verkehr. Nantes, Rennes. Kurz nach drei Uhr tauchte im Abblendlicht aus den Nebelschwaden, die sich auf die Wiesen gelegt hatten, das Ortsschild des kleinen Dorfes auf, in dessen Mitte, gleich hinter der Kirche, sich unser «Hauptquartier» befindet. «Coming home!» Das Benzin reichte ganz knapp. Seither beschränken wir uns auf die Rennbahnen, die ein wenig näher an unserem «Hauptquartier» liegen.




"La Baie bei Ebbe" - zwei Traber trainieren bei Genêts am Strand, im Hintergrund erheben sich der Mont Saint-Michel und der unbewohnte Fels Tombelaine aus dem Watt.


Das Hauptquartier - Calvados-Batterie neben dem Cheminée.


Keine Hektik - die Tribüne der Rennbahn von Granville.

 
Hinter der Rennbahn - der Blick auf Granville und das Ufer des Ärmelkanals.

 


Windig - tief hängende Wolken bei Granville.

 


Nicht ungefährlich die Traverse - die Baie du Mont Saint-Michel.



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