Ginge es nicht um ein sehr wichtiges Dossier im Schweizer Pferderennsport - um nichts weniger als die schlicht überlebenswichtige Zusammenarbeit mit der PMU - könnte man über die Geschichte als Real-Satire lachen. Doch zum Lachen ist es definitiv nicht. Möchte man meinen.
horseracing.ch hatte den WTRA-Präsidenten Rudolf Fopp am Dienstag nach Publikation der SPV-Mitteilung um eine Stellungnahme dazu gebeten. Am Abend hiess es via E-Mail: "White Turf hat noch keine Mitteilung (betr. Absage der PMU, Anm. der Redaktion) erhalten. Wenn dem so ist, würden wir eine Pressekonferenz einberufen und die Schweizer Medien über die Details dazu informiert halten.Keine einzige Verhandlung hat stattgefunden!"
Am Mittwoch, 11.2.2009, meldete sich Rudolf Fopp dann per Telefon bei horseracing.ch und erklärte zunächst: "Ich weiss von nichts. Wir sind von niemandem direkt informiert worden, dass keine PMU-Rennen stattfinden sollen. Was hier abgeht, kann ich gar nicht glauben und nur darüber lachen."
Schön, wenn wenigstens einer lachen kann.
Ganz anders hat SPV- und VRV-Präsident Jean-Pierre Kratzer, der die Verbindungen zur PMU in Paris hergestellt hatte, die Situation erlebt. "Herr Fopp ist klar informiert worden", so Kratzer, der gegenüber horseracing.ch dokumentierte, wie der Schriftwechsel abgelaufen war (wir zitieren):
Zu spät. Das Vertrauen der Franzosen in die Organisatoren des White Turf ist zu stark gestört. Der PMU-Präsident und -Generaldirektor Bertrand Bélinguier, der seit 1997 im Amt ist, hat seine Reise nach St.Moritz inzwischen gecancelt.
"Diese Dokumente werden wir im März an der Delegierten- und General-Versammlung des SPV und des VRV vorlegen, damit jeder sehen kann, dass es so ist", erklärte Jean-Pierre Kratzer und fügte an, dass das Vorhaben von Rudolf Fopp schon rein juristisch nicht erlaubt gewesen wäre. "Pferdewetten sind in der Schweiz grundsätzlich verboten. Es braucht für jeden Veranstalter eine kantonale Ausnahmebewilligung. Überkantonal darf nur die LORO Pferdewetten anbieten, in Restaurants, auf der Rennbahn oder eben via masse commune zusammen mit der PMU. Da kann nicht einfach jemand via Internet Wetten anbieten. Und die PMU kann schon gar nicht mit so jemandem zusammenarbeiten."
Jean-Pierre Kratzer weiter: "Auch im VRV (Verband der Rennvereine), der eine Vereinbarung betreffend Exklusivität der Zusammenarbeit mit der PMU hat, wird die Sache zu diskutieren geben. White Turf ist als Mitglied des VRV an dessen Satzungen gebunden."
Ihm ist nicht zum Lachen zu Mut: SPV- und VRV-Präsident Jean-Pierre Kratzer (uw)
Am Telefon mit horseracing.ch räumte Rudolf Fopp dann schliesslich ein, es gehe in der Angelegenheit "um viel Geld. Sowohl für White Turf, wo wir jahrelang immer alles quersubventioniert haben, als auch für den Schweizer Rennsport."
Er sprach von einem "Riesenbetrag - ein Vielfaches von dem, was wir via PMU in den letzten beiden Jahren erhalten hatten -, der dem Schweizer Pferderennsport zugute gekommen wäre" - wenn die Zusammenarbeit (mit SpiritON) geklappt hätte.
Einige Details des angestrebten Zusammenarbeitsvertrages mit SpiritON sind uns bekannt. Demnach hätten die Wetten, die via Internet geflossen wären, gemäss Fopp über den "Totalisator in Essen" alle in die so genannte "masse commune" mit der PMU fliessen sollen. Dies sei vom Partner so zugesichert worden. Wie genau dies hätte erfolgen und kontrolliert werden sollen, sei Sache der Spezialisten.
Nach heutigem Stand der Dinge gibt es in dieser Angelegenheit nur Verlierer. Rudolf Fopp hatte für White Turf die Variante "dr Füüfer und z'Weggli" angestrebt. Jetzt steht er - ausser er zaubert noch kurzfristig einen (legalen!) Hasen aus dem Zylinder - ganz ohne das eine oder das andere da.
Wie sich die Sache auf die Beziehungen zwischen der Paris und der Schweiz auswirkt, ist schwierig abzuschätzen. Klar wird die PMU die auch für sie lukrative Zusammenarbeit in der Romandie nicht aufs Spiel setzen. Doch für andere Rennvereine (neben Avenches und Frauenfeld) könnte es schwieriger werden, neu ebenfalls PMU-Rennen aus Frankreich zu bekommen.
Jean-Pierre Kratzer sagt dazu klipp und klar: "Mit seinem Verhalten und seinen Aussagen hat Herr Fopp jegliche Glaubwürdigkeit verloren."
Wie auch immer das alles weiter- und ausgehen wird: Das Jahr 2009 wird definitiv nicht als positiver Meilenstein in die Geschichte von White Turf eingehen.
Was zaubert White Turf-CEO Rudolf Fopp noch aus dem Zylinder? (Foto: Ueli Wild)
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