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Pont des Arts trotzt im St.Leger der einzigen Stute

Sonntag, 02. September 2007 18:05

Olivier Plaçais zeigte im St.Leger eine Meisterleistung und schmuggelte Pont des Arts von der Spitze aus souverän über die Distanz.

Es kam so, wie zu vermuten war - wir hatten an dieser Stelle die Frage aufgeworfen, welche Taktik die Gegner von Pont des Arts wohl anwenden würden.

Nun, man liess Pont des Arts an der Spitze gewähren, blieb also passiv. Olivier Plaçais zog in zunächst gutem Tempo sofort in Front, nahm dann etwas zurück. Keiner attackierte, erst in der Zielgeraden versuchte es Calliara, biss sich aber an Pont des Arts die Zähne aus.

Dahinter hielt Mascarpone den dritten Platz vor dem leise enttäuschenden Toto-Favoriten Ganderas und Indian Storm, der noch an ein paar müden Gegnern vorbei auf den fünften Platz zog.

Trainer Kurt Schafflützel feierte damit seinen bereits 6. St.Leger-Triumph, für das Besitzer-Ehepaar Kräuliger war es eine Premiere - wie auch für Olivier Plaçais.

Wie war denn nun das Tempo wirklich im St.Leger?

Nach dem Rennen kamen natürlich Fragen auf. Pont des Arts - so lautete die Meinung vor dem Rennen grösstenteils - ist nicht der geborene Steher. Und jetzt gewinnt er Start-Ziel das längste klassische Rennen auf weichem Boden.

Die Entourage von Pont des Arts sah sich bestätigt, dass der Überflieger am Derby lediglich einen schlechten Tag eingezogen hatte.
Wir bleiben jedoch bei unserer Meinung, dass Pont des Arts kein Steher ist, und sehen seine Idealdistanz um 2000 Meter. Doch dank seiner unbestrittenen Klasse und der Tatsache, dass Olivier Plaçais das Tempo so geschickt dosierte, dass ausser Calliara gar niemand anzugreifen wagte, hat es im St.Leger trotzdem gereicht. Schon im Grand Prix LGT Jockey Club hätten wir gerne gesehen, wie er sich auf unserer Meinung nach zu weiter Distanz gegen die Elite geschlagen hätte - doch er hat keine Nennung für den Dielsdorfer Big Point.

Ein Vergleich der St.Leger-Siegerzeit (3:31,1) mit bisher gelaufen Zeiten zeigt folgendes: Von den nun 25 in Luzern gelaufen St.Leger-Rennen (die Ausgabe 2004 wurde in Avenches ausgetragen) waren nur gerade 9 langsamer. Davon wurden mindestens fünf auf wesentlich tieferem Geläuf ausgetragen. Majofils war vor Jahresfrist 6 Sekunden schneller (wobei am selben Tag die zufälligerweise auch am Sonntag wieder siegenden London Beat über Hürden 6 Sekunden langsamer und Iboraqui bei den Trabern den Kilometer praktisch gleich schnell reduzierte). Auf vergleichbarem Geläuf war Majofils also deutlich schneller als Pont des Arts. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass Majofils zudem völlig unausgeritten mit Weile-Vorsprung gewann, Pont des Arts sich jedoch gegen Calliara wehren musste.

Der Rennrekord liegt übrigens bei 3:18,1 und stammt aus dem Jahr 1990, gehalten von Able Express, der ebenfalls unter den Fittichen von Kurt Schafflützel mit Denis Leblond gewann.

Fazit: Das St.Leger 2007 war definitiv nicht schnell gelaufen. Aber schnell genug, dass sich unterwegs keiner der Gegner von Pont des Arts und Olivier Plaçais einen Angriff zutraute.

Interessantes Detail am Rande: Mit der Siegquote von 3.20 setzte Pont des Arts eine St.Leger-Tradition fort. Es gewinnen nämlich fast nur Favoriten dieses Rennen. In 26 Austragungen gab es 9 Sieger mit Quoten unter 2:1, nicht weniger als 12 Sieger hatten eine Quote zwischen 2 und 4:1, vier standen zwischen 4 und 6:1 - und nur ein einziges Mal gab es eine zweistellige Siegquote: 1984, bei der dritten Austragung, gewann Brigantine als eine von nur 3 Stuten in der Geschichte des Schweizer St.Legers (neben Three Well 1991 und Soul of Magic 2002) mit der Quote von 16.80.

 

100. Sieg für Trainerin Carmen Bocskai

Handicap-4-Rennen sind in der Regel nicht die, die Geschichte schreiben. Diesmal war das anders, jedenfalls für Trainerin Carmen Bocskai. Denn der für die Besitzergemeinschaft Biedermann und Bättig vorbereitete Ziderman, der sich nach Kampf mit Hals gegen Tomba durchsetzte, sorgte für den 100. Treffer der seit 2004 im Trainer-Metier agierenden Deutschen. Kurioserweise waren es genau dieselben Farben, die schon für den ersten Sieg verantwortlich waren: Am 4.4.2004 gewann Song Writer in den Farben des Stalles Charisma in München das erste Rennen für Carmen Bocskai. Und genau diese Farben haben Biedermann + Bättig nun übernommen. Damals wie jetzt in Luzern sass Georg Bocskai im Sattel des Siegers.

 

Alpha Mail sorgt für Handicapper-Alptraum

Was haben wir in dieser Saison nicht schon für packende Handicaps erlebt - mit einem halben Dutzend Pferden innerhalb des berühmten Taschentuchs. Doch das Handicap-2 an diesem zweiten Luzerner Renntag sollte für den Handicapper zum Alptraum werden. Der für den Stall Drei W laufende Karin Suter-Schützling Alpha Mail hatte mit Philipp Schärer früh schon eine gute Position und als die beiden im Einlauf angriffen, konnte niemand auch nur im Ansatz folgen. Mit nicht weniger als "Weile-Abstand" folgte Jackass vor Blue Creek auf Rang zwei - wahrlich ein seltenes Kunststück, mit mehr als 10 Längen ein Handicap zu gewinnen...

 

Silvia Casanova mit Kistenritt beim Hürden-Debüt zum Sieg

Vor dem Handicap 2 hatte Silvia Casanova erfahren, dass sie erstmals überhaupt ein Hürdenrennen bestreiten würde. Der französische Reiter Sylvain Dupuis war einfach nicht aufgekreuzt, so dass die junge Bündnerin den Ritt auf Touch Wood erbte.

Doch zuerst war ja noch das Handicap-Rennen, das allerdings für Casanova nicht lange dauerte. Ihr Pferd Radilio erschrak sich wegen eines im Innenraum der Rennbahn postierten Heissluftballons (er war übrigens nicht der einzige), stoppte abrupt und katapultierte Silvia Casanova aus dem Sattel. Zum Glück passierte nichts schlimmeres. Casanova kam zurück in die Kabine, kümmerte sich nicht um die Grasflecken auf den weissen Hosen, zog sich das hellgrüne Dress der Illnauer Damen Glauser und Weiss über und machte sich auf Richtung Führring. Eine Reiterkollegin gab ihr die Devise "Nach Sturz folgt Sieg" mit auf den Weg - und genau so kam es auch.

Casanova ritt keck, griff mit dem von ihrem Lehrmeister Karl Klein trainierten Senior Touch Wood im Einlauf an und hatte rasch alles unter Kontrolle. Überlegen mit über vier Längen gewann Touch Wood vor Senhor und Go Go Girl.

 

Iboraqui wie vor einem Jahr - nur noch überlegener

Der klassemässig beste Traber der Schweiz ist wieder richtig da - nach einem Rencontre mit einem Auto (das Totalschaden erlitt) im Juni war der "Millionär" erst in den letzten Wochen wieder so richtig auf Touren gekommen. "Beim Aufwärmen spinnte er völlig", erklärte Fahrer und Trainer Jean-Claude Gardaz, "er hat sich sogar ein Eisen abgezogen. So habe ich dann notgedrungen einfach alles runtergenommen. Eisen, Knie-Schutz und so weiter. Und er ist marschiert wie noch nie!"
In der Tat liess der Traber von Gaston Gardaz seiner Konkurrenz nicht den Hauch einer Chance und stiefelte im Einlauf auf Weile-Vorsprung davon. Kiss de Sucé und Kébir de Javie folgten auf den nächsten Plätzen.

 

Wettumsatz und Zuschauer-Aufmarsch wie schon am ersten Renntag unter den Erwartungen

Die Veranstalter wurden für ihre Bemühungen auch an diesem zweiten Luzerner Renntag 2007 nicht wie gewünscht belohnt.

Offiziell gaben sie 7500 Zuschauer an (Vorsonntag 5500). In der Tat waren mehr Leute gekommen als eine Woche zuvor. Aber in einer Region, in welcher eine zweite Pferderennbahn ein Thema sein soll, hätten wir mehr Zuschauer erwartet.

Der Wettumsatz fiel mit 56'511 Franken wieder bescheiden aus. Zusammen mit den 44'430 Franken kommt Luzern insgesamt gerade mal auf 100'941 Franken - an zwei Renntagen, beide notabene mit bestem Rennsport-Wetter. Auf anderen vergleichbaren Rennplätzen wird diese Gesamtsumme bei solchen Bedingungen an einem einzigen Tag umgesetzt.

Ob da nur die Konkurrenz des Schwingfestes (1.Sonntag) und von Baden-Baden drückte? In Sachen Wett-Umsatz machte sich wohl auch die mangelnde Wett-Animation bemerkbar. Gerade Laien, die noch nie oder nicht oft auf dem Rennplatz sind, brauchen eine gewisse Anleitung. Wenn sie vor lauter Rahmenprogramm und drumherum gar nicht recht merken, dass Pferderennen mit Wetten zu tun haben, ist das unserer Meinung nach eine verpasste Chance.

Wie auch immer, die Crew rund um das neue Führungsduo Alexander Gubser (Verein Pferderennen Luzern) und Richard A. Scherer (OK-Präsident) hätte mehr Zuschauer und einen höheren Wettumsatz verdient.

 

 



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