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Ungar heisst der Sensationssieger im 60.GP Schweiz

Montag, 01. Oktober 2007 13:14

Mit Speck fängt man Siegpreise - und natürlich auch Mäuse. 

Hansjörg Speck konnte sein Glück kaum fassen. Mit einem Dauer-Smile auf dem Gesicht spazierte der vierfache Siegtrainer in Aarau (30.9.2007) über den Rennplatz. "Am Morgen hatte ich noch gesagt, dass von den fünf Startern, die ich heute gesattelt habe, vier theoretisch eine Siegchance hätten", erklärte der Reinacher Trainer, "und Ungar, fügte ich an, kann vielleicht auch noch ein fünftes Geld holen!"

Es sollte in zwei Punkten anders kommen. Beim ersten Speck-Einsatz des Tages lief Senhor ein gutes Hürdenrennen, musste aber London Beat und Touch Wood den Vortritt lassen. Dann aber schlug der Speck-Express gnadenlos zu. 

Tiffany gewann bei ihrem allerersten Start auf dem Schachen von hintersten Regionen kommend mit viel Speed überlegen. Miguel Lopez musste die Inländer-Stute des Ehepaars Meier ganz hinten verstecken, weil sie so viel Vorwärtsdrang zeigte. 

Der grosse Coup des Romain Giller mit Ungar

Dann war Start zum Grossen Preis der Schweiz - mit insgesamt 22 Minuten Verspätung (eine Viertelstunde hatte man sich schon vor dem zweiten Rennen eingehandelt mit der Pony-Cup-Ehrung, für die man keine zusätzliche Zeit eingeräumt und diese einfach in eine "normale" Rennpause reingequetscht hatte). Der französische Gast Saint Kiriec sorgte für eine zeitweise horrende Pace und führte trotz zum Teil etwas abenteuerlicher Springweise (Tribünensprung, siehe unter aktuelle Bilder...) bald mit mehreren Längen. Vor der zweiten Diagonale nahm in sein Reiter merklich zurück, um dann später wieder Gas zu geben. In der letzten Runde tauchte dann aber Romain Giller mit Ungar in verblüffend guter Haltung auf. Mit einem Rush zog der 11:1-Aussenseiter an die Spitze und hatte die Gegenwehr des letzten verbliebenen Gegners innert Sekunden gebrochen. 

Mit frappanter Überlegenheit galoppierte Ungar dem Ziel entgegen - in 5:14,8 lief er die zweitschnellste Zeit der letzten 7 Austragungen (nur Trample All nach dem "Höllenritt" von Dean Gallagher blieb 2004 um 2.4 Sekunden schneller). 

Saint Kiriec und Easter Dancer, die beiden Rohr-Pferde, holten die Ehrenplätze vor dem tapfer kämpfenden Oscar de Froment und Nocturne des Mottes, der Aibas um eine halbe Länge in Schach hielt. Joy Full folgte nicht weit geschlagen als 7. klar vor Phantomas Turgot.
Great Spain, der noch an fünfter Stelle aus dem letzten Bogen kam, katapultierte seinen Reiter beim letzten Sprung aus dem Sattel. Und La Parité setzte ihre Negativ-Serie auf Schweizer Bahnen fort - sie blieb zunächst bei Start und dann nach rund 100 Metern endgültig stehen.

Bei Romain Giller, der danach auch noch das Cross gewann und damit seinen 13. Hindernistreffer feierte (30 sollten es gemäss seiner Rechnung jetzt total sein), Trainer Hansjörg Speck und dem Stall Amazonas kannte der Jubel kaum Grenzen.  Der Walliser Hufschmied, der bei seinem Bruder arbeitet, hat mit den drei Tagessiegen auch die Führung im Championnat der Hindernisrennreiter übernommen, wie die Brüder Schärer ihm in der Garderobe klar machten. "Ach ja wirklich", fragte Giller auf französisch erstaunt. Ihm selbst war das alles nicht so wichtig. Er freute sich über den unglaublichen Tag.

Der ehemalige 100'000-Franken-Kauf Ungar zeigt sein Galoppiervermögen endlich auch im Rennen

Was für eine Leistung von Ungar, der eine bewegte Vergangenheit hinter sich hat. Zunächst hatte sich der Stall Jenny den hoffnungsvollen Vollblüter gesichert. Der deutsche Hindernis(!)-Stall war im Herbst 2003 bereit 36'000 EUR für den Jährling auszugeben. Kein Wunder, denn sein acht Jahre älterer Vollbruder Ungaro hat über 1.5 Millionen Franken und vier Gruppe-I-Rennen gewonnen. Ungar kam zu Mario Hofer ins Training, unter dessen Regie er aber kein Rennen bestritt. Dann kaufte der Appapays Racing Club ihn als Hoffnungsträger. "Die haben 70'000 Euro (über 100'000 Franken, Anm. der Redaktion) für ihn bezahlt", wusste Hansjörg Speck. In zehn Starts erzielte er für die grün-gelben Farben einen Sieg in einem kleineren Rennen in Avenches. Nach den Schneerennen 2006 war Ungar dann günstig zu haben. Willi Bär vom Stall Amazonas schlug zu, Ungar wechselte von Miro Weiss zu Hansjörg Speck ins Training - und debütierte am 30. April 2006 in Dielsdorf mit einem sechsten Platz über Hürden. Nach einem Sturz in Aarau beim Steeple-Debüt (21.5.2006) einem weiteren sechsten Platz in Frauenfeld und einem Ehrenplatz zu Alborada im Juni 2006 in Avenches folgte eine 14-monatige Verletzungspause.  

Ende August gab Ungar dann mit einem vierten Platz im Fegentri-Rennen (Flach) sein Comeback, lief zwei Wochen später in Aarau als zweiter zu Oscar de Froment ein gutes Rennen. Dies bestärkte seine Entourage darin, ihn für den GP Schweiz aufzubieten. 

Zum grossen Glück - so wird dieser Tag noch lange in Erinnerung bleiben. Hansjörg Speck gewann erstmals dieses wichtigste Hindernisrennen der Schweiz. Und dank weiteren Siegen mit Tiffany, Indian Red River sowie Mezzogiorno gleich vier Rennen an einem Tag. "Mehr als zwei hab ich noch nie am selben Tag gewonnen - und in Aarau war es bisher sowieso wie verhext. Mehr als ein Sieg wollte nie gelingen." 

So muss nun für die Schweizer Turf-Szene das Sprichwort "Mit Speck fängt man Mäuse" leicht umgeschrieben werden. Ausser man denkt bei Mäusen nicht an die kleinen grauen Nager, sondern an Moneten...



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