Schnellsuche
Schnellsuche öffnen mit Tastatur: CTRL+F
 

Rennverein Zürich: Der neue Präsident Hans-Peter Ess präsentiert Visionen für die Zukunft (UPDATED)

Freitag, 30. März 2012 00:02

Die Generalversammlung des Rennvereins Zürich hat am 29.3.2012 den bisherigen Vize-Präsidenten Hans-Peter Ess "befördert" - künftig sollen die White Turf-Macher um Silvio Staub die Rennen organisieren, Anton Kräuliger die Infrastruktur unter seine Fittiche nehmen und neben Rennpferden auch Polo-Ponys auf der Anlage trainieren und Wettkämpfe bestreiten.

(mmo) In einer SPV-Mitteilung im Rennkalender war von verschiedenen Persönlichkeiten (auch aus dem Rennsport) die Rede, welche für die Wahl in den Vorstand des Rennvereins Zürich vorgeschlagen werden sollten.

 

Nun, am Ende sieht die personelle Bilanz nach der 139. ordentlichen Generalversammlung des RVZ mit 85 Stimmberechtigten wie folgt aus: Hans-Peter Ess, der bisherige Finanzchef, Vize- und ad interims-Präsident, ist zum neuen Präsidenten des Rennvereins Zürich gewählt worden (dieser erklärte, sein Arbeitgeber, die UBS, müsse dieses Mandat erst noch genehmigen).

Ausgetreten ist Brigitta Enkerli, die sich im Vereinswesen in den letzten Jahren verdient gemacht hat. Neu in den Vorstand gewählt wurden der Caterer Peter Gamma (als Vertreter des von den White Turf-Machern zu übernehmenden Rennbetriebs) und der bisher in der Szene gänzlich unbekannte Stefan Locher (von der Polo-Seite). Eher überraschend kehrt nun auch Marc Hunziker, langjähriger RVZ-Vizepräsident und vor einem Jahr als designierter Präsident an der Generalversammlung dann kurzfristig doch nicht zur Wahl angetreten, in den Vorstand zurück.

Im Wesentlichen setzt man also - bis eben auf die beiden Vertreter der neuen Standbeine "Greenturf Racing" und "Polo" - auf die alte Crew, welche den Deal mit dem in U-Haft sitzenden "Investor" Martin Gloor eingefädelt und durchgeboxt hatte.

 

Hans-Peter Ess präsentierte die Jahresrechnung mit einem Plus von 19'264 Franken. Er erläuterte auch Zahlen zum Engagement von Martin Gloor. Wobei ein Grossteil der Gelder, die Gloor locker gemacht hatte, für Rennsponsoring (gemäss Ess 386'000 Franken - die dem Rennverein demnach nicht halfen, seine Schulden zu tilgen) sowie die Sanierung der Anlage verwendet wurde.

Insgesamt flossen 182'518 Franken von den Gloor-Geldern dem Schuldenabbau zu, gemäss den Ausführungen von Hans-Peter Ess.

Allein für PR-Auftritte wandte Gloor rund 66'000 Franken auf.

 

Da "wesentliche Teile der Buchhaltung bei der Staatsanwaltschaft sind, und deshalb für die Revision eine Verkehrsprüfung nicht möglich war" verzichtete der Vorstand RVZ auf den Antrag "Genehmigung der Jahresrechung" - und demzufolge auch auf die Décharge-Erteilung.

Dies soll nach erfolgter Revision an einer ausserordentlichen GV oder gemäss Jahresbericht spätestens an der nächsten GV nachgeholt werden.

 

Aus der Jahresrechnung konnte  die Anlage (Parkrennbahn insgesamt) gemäss Ess um über 270'000 Franken abgeschrieben werden, so dass diese nun mit einem Wert von 2 Millionen CHF in der Bilanz steht, was "in line mit der Schatzung von PWC" sei.

Nach wie vor schiebt der RVZ jedoch nach Angaben von Ess eine Liquiditäts-Lücke von rund 225'000 Franken vor sich her.

 

Dieser Liquiditätsengpass ist nicht zu unterschätzen. Es gibt nach wie vor einige Gläubiger des RVZ, die seit längerer Zeit auf ihr Geld warten. Zum Teil noch seit den letztjährigen Rennen, wie wir erfahren haben. "Es sind jedoch deutlich weniger als noch vor einem Jahr", erklärte Ess dazu der Generalversammlung.

Dennoch ist augenscheinlich, dass der RVZ-Vorstand auf rasches Geld angewiesen ist.

 

Positive Signale für den Rennbetrieb und die Betriebs-GmbH für Training/Infrastruktur

Die wichtigsten und dringendsten Themen neben den Finanzen sind für den RVZ zweifellos die Zukunft der Rennen und des Trainingsbetriebs.

Das skizzierte Projekt sieht vor, diese Bereiche auszulagern. Das heisst, dass der Rennverein Zürich nicht mehr selbst die Rennen organisieren und die Trainingsanlage/Infrastruktur betreiben/bewirtschaften würde. Vielmehr präsentierte der White Turf-CEO Silvio Staub sein Konzept, mit Leuten von White Turf, Rennen in Dielsdorf zu organisieren. "Wir sind hier um dem Schweizer Rennsport zu helfen", betonte Staub, "der Rennsport in der Deutschschweiz braucht Dielsdorf." Unter dem Namen "greenturf racing" soll das Projekt angepackt werden. Staub hat ein Team um sich geschart mit Peter Gamma (Catering), René Schnüriger (Sponsoring), Gian-Marco Fümm (Sicherheit) und Andi Wyss (internationale Verbindungen). Noch vakant ist der Bereich Presse/PR und Finanzen. 

Staub nannte bereis die 3 Daten, an denen im 2013 in Dielsdorf wieder Rennen stattfinden sollen: 5.Mai, 18. August und 29.September 2013.

 

Die Infrastruktur mitsamt dem Trainingsbetrieb könnte von Anton Kräuliger und einem Mitinvestor übernommen werden. Kräuliger betonte, die Vision von Hans-Peter Ess sei interessant, dazu könne man nicht einfach nein sagen. Er wolle in den kommenden vier bis fünf Wochen, die Voraussetzungen inklusive der Machbarkeit prüfen. Er würde mehrheitlich das Kapital garantieren für diese Betriebsgesellschaft, zusammen mit einem weiteren Investor. Auch der Rennverein soll sich gemäss Ess an dieser zu gründenden Betriebsgesellschaft beteiligen.

 

Als wichtigen Punkt nannte Kräuliger, dass eine multifunktionale Ergänzung auf der Anlage denkbar und wünschenswert sei. Doch die Trainingszentrale und die Rennen müssten erste Priorität haben.

 

 

Polo als Neu-Einsteiger auf der Parkrennbahn?

Damit wären wir auch schon beim dritten Standbein, welches die "Vision Ess" beinhaltet. Polo. Und hier schieden sich die Geister.

 

Stefan Locher, ein Vertreter des "Rocinante Polo Teams" stellte sich vor, als umtriebiger Arzt, der inzwischen in der Kommunikations- und Unterhaltungs-Branche tätig sei. Er und seine Leute wollen ein eigenständiges Schweizer Polo-Team aufbauen.

 

Seine Pläne klingen für Rennsport-Ohren recht abenteuerlich: Gebaut werden soll eine auch für Springen und Dressur nutzbare Polo-Arena (innerhalb des Trabrings), dann im Innenraum der Rennbahn an Rasen-Polo-Feld. Zudem eigene Boxen.

 

In einem ersten Schritt wären das 33 ("++" stand noch auf der Folie...) Boxen, praktisch jetzt sofort. Im zweiten Semester 2012, so die Idee, sollen weiter 150 (!) Boxen geplant werden.

Im ersten Semester 2013 soll dann gemäss der Vision allenfalls eine Halle in Angriff genommen werden.

Die Voten aus der Versammlung gegenüber des Einzugs von Polo-Ponys und -Leuten auf der Parkrennbahn fielen wenig positiv aus.

 

Der geneigte Beobachter kam zum Schluss, dass es dem RVZ-Vorstand vor allem darum geht, jetzt rasch die im Falle eines Vertragsabschlusses vereinbarten rund 100'000 bis 150'000 Franken von den Polo-Leuten einzukassieren - um den bereits erwähnten Liquiditätsengpass zu mildern.

 

Letztlich liess Hans-Peter Ess abstimmen. Manch einem Mitglied war jedoch, wie sich nachträglich herausstellte, nicht ganz klar, worüber denn nun genau abgestimmt wurde.

Die Idee von Silvio Staub wie auch Anton Kräuliger war - der Schreibende glaubt, dies so richtig verstanden zu haben - dass nun in einer kommenden Phase aus den Visionen konkrete Pläne ausgearbeitet werden sollen, die einer ausserordentlichen GV dann zur Beurteilung und Absegnung vorgestellt werden.

Die deutliche Mehrheit Anwesenden stimmten dieser Marschrichtung zu. Ess hingegen erklärte später plötzlich, man müsse sehen, ob es eine ausserordentliche GV gebe oder nur eine Informationsveranstaltung (an der die Mitglieder dann gar nichts mehr zu sagen hätten, sondern eben nur über die Vorgänge informiert werden sollen). 

 

Es ist zu hoffen, dass nun nichts angerissen wird, was nachträglich nicht ohne Schaden rückgängig gemacht werden kann.

 

Eine ausserordentliche Generalversammlung ist nach der Ausarbeitung der verschiedenen Teil-Visionen auch für Galopp Schweiz-Präsident Jakob Broger und Jockey Club-Präsident Sandro Gianella unumgänglich.

 

Auftritt von Jean-Pierre Kratzer vor der GV - Task Force-Empfehlungen "in den Wind geschlagen"

Vor dem Beginn der Generalversammlung richtete sich Jean-Pierre Kratzer als SPV-Präsident und Präsident der inzwischen aufgelösten "Task Force Dielsdorf" an die Anwesenden.

Er erläuterte die Sicht der Task Force und des SPV. Zunächst betonte er, die Herkunft der von Martin Gloor investierten Gelder in Höhe von einer Million Franken sei unklar, weshalb rechtliche Schritte möglich seien. In dieser Sache seien die Empfehlungen der Task Force vom RVZ-Vorstand nicht befolgt worden.

 

Ebenfalls empfahl Kratzer der Generalversammlung auf keinen Punkt des vorzustellenden Projektes einzugehen.

 

Die Tatsache, dass eine Task Force mit nahmhaften Experten (unter anderem den im Rennsport bestens bekannten Juristen Hans-Peter Sorg und Rolf Schmid) eingesetzt wurde, deren Empfehlungen nach Aussagen von Jean-Pierre Kratzer dann aber gewissermassen in den Wind geschlagen werde, wirft einige Fragen auf. Fragen, die an der GV leider nicht zur Sprache kamen.

 

 

 



Copyright © 2024 by horseracing.ch | Webdesign - CMS - Datenbank by moderntimes.ch | 134156078 Zugriffe seit Mittwoch, 11. Januar 2006
Logo horseracing.ch